Eierstockkrebs (Ovarialkarzinom)

25. Februar 2015

Der Eierstockkrebs oder das Ovarialkarzinom ist eine bösartige Erkrankung der Eierstöcke. Das mittlere Erkrankungsalter beträgt in Deutschland 69 Jahre, wobei auch wesentlich jüngere Frauen erkranken können, dann aber häufig in Zusammenhang mit einer genetischer Prädisposition (BRCA 1- und 2 –Mutation). Frauen in Deutschland haben ein Lebenszeitrisiko von 1,5 %, an Eierstockkrebs zu erkranken. Die Häufigkeit des Ovarialkarzinoms ist in den letzten 20 Jahren deutlich gesunken und wird für das Jahr 2014 auf 7.500 Neuerkrankungen geschätzt, wohingegen die Sterberate sich auf einem etwa konstanten Niveau bewegen.

Hormonelle Kontrazeptiva und häufige Schwangerschaften werden als protektive Faktoren gesehen, da die Eierstöcke durch sie „ruhiggestellt“ werden und somit weniger Möglichkeiten haben, die Reparaturmechanismen und damit einhergehende entartungsbedeutsame Prozesse aktivieren zu müssen.

Symptomatik

Die Symptome sind oft unspezifisch:

  • gastrointestinale Beschwerden (Durchfälle oder Verstopfungen)
  • Zunahme des Bauchumfanges
  • Leistungsminderung
  • Diffuse abdominelle Schmerzen

Die „alle-Welt“-Beschwerden führen dazu, dass die Tumoren häufig erst in fortgeschrittenem Stadium erkannt werden. Es existieren keine wirksamen Methoden zur Früherkennung. Für den Nutzen eines Screenings mittels transvaginalem Ultraschall und CA-125-Bestimmung gibt es keine wissenschaftlich nachgewiesenen Beweise.

Stadien nach FIGO (Fédération Internationale de Gynécologie et d'Obstétrique):

FIGO-Stadium 2012

  • I Tumorbegrenzt auf Ovarien
    • IA Tumor auf ein Ovar oder einen Eileiter begrenzt, Kapsel intakt, keine Tumorzellen in der Bauchflüssigkeit
    • IB Tumor auf beide Ovarien oder beide Eileiter begrenzt, Kapsel intakt, keine Tumorzellen in der Bauchflüssigkeit
    • IC Tumor ist auf der Oberfläche des einen oder der beiden Ovarien oder Eileitern und/oder
      • IC1 Eröffnung der Tumorkapsel intraoperativ
      • IC2 Kapsel ist eröffnet vor Beginn der chirurgischen Manipulation                               
      • IC3 Tumorzellen im Aszites
  • II Tumor befällt ein Ovar oder beide Ovarien oder Eileiter und breitet sich im kleinen Becken aus
    • IIA Ausbreitung auf und/oder Implantate an Gebärmutter und/oder Eileiter
    • IIB Ausbreitung auf andere Beckengewebe
    • II C Tumor im Stadium IIA oder IIB und Tumorzellen in der Bauchflüssigkeit
  • III histologisch nachgewiesene Peritonealmetastasen außerhalb des Beckens und/oder regionäre Lymphknotenmetastasen
    • IIIA Befall der Lymphknoten mit oder ohne mikroskopischer Peritonealmetastasen jenseits des Beckens
    • IIIB makroskopische Peritonealmetastasen jenseits des Beckens, größte Ausdehnung ≤ 2 cm mit oder ohne Befall der Lymphlknoten
    • IIIC Peritonealmetastasen jenseits des Beckens, größte Ausdehnung > 2 cm mit oder ohne Befall der Lymphknoten
  • IV Fernmetastasierung (z.B. Pleurakarzinose) ausgenommen intrabdominelle Ausbreitung

Welche Therapiemöglichkeiten gibt es?

Die Therapie richtet sich nach dem Tumorstadium, Lebensalter der Patientin sowie der Begleiterkrankungen der Patientin. Die Entscheidung über das therapeutische Konzept wird in einer interdisziplinären Konferenz getroffen. Das Konzept klassischerweise besteht aus einer Operation und einer systemischen Therapie. Über 90% aller Patientinnen beginnen ihre Therapie mit einer Operation.

Therapieoptionen

1. Operation

Die Operation ist in Deutschland klassischerweise der erste Schritt im Therapiekonzept und hat in allen Stadien ein Ziel: alle sichtbaren Tumormanifestation aus dem Bauch zu entfernen. Dabei bestimmt die Radikalität der Tumorreduktion, als einziger beeinflussbarer Prognosefaktor, maßgeblich die Heilungsaussichten. Zusätzlich werden in den früheren Stadien gewisse operative Schritte standardmäßig durchgeführt, um das genaue Stadium der Krankheit ermitteln zu können. Nur bei einem gesicherten Frühstadium (FIGO-Stadium IA, G1-2) ist eine fertilitätserhaltende Operation bei bestehendem Kinderwunsch nach ausführlicher Aufklärung möglich. Hierbei werden die Gebärmutter und der nicht befallene Eierstock erhalten.

2. Chemotherapie

Nach der Operation bekommt die Mehrzahl der Patientinnen eine Chemotherapie. Die besteht heute aus zwei Medikamenten – Carboplatin und Paclitaxel – und wird insgesamt 6 Mal alle 3 Wochen verabreicht. Für Patientinnen im fortgeschrittenen Krankheitsstadium (ab FIGO IIIB) steht seit Dezember 2011 zudem eine Antikörpertherapie mit Bevacizumab zur Verfügung.

3. Rezidivtherapie

Bei einem Wiederauftreten eines Ovarialkarzinoms spielt der Zeitpunkt der Wiederkehr der Krankheit eine besondere Rolle.

Erleidet die Patientin das Rezidiv 6 Monate und später nach Abschluss der platinhaltigen Chemotherapie, so nennt man das Rezidiv „platin-sensibel“. Diese Rezidiv kann insbesondere dann operativ therapiert werden, wenn die primäre Operation vollständig war, der Allgemeinzustand gut ist und aktuell weniger als 500 ml Bauchwasser (Aszites) vorliegt (positiver AGO-Score). Im Anschluss an die Operation ist eine erneute Chemotherapie notwendig, dann mit Carboplatin in Kombination mit Gemcitabin oder pegyliertem liposomalen Doxorubicin oder Paclitaxel. Die Antikörpertherapie mit Bevacizumab, sollte diese Option bei der Erstdiagnose nicht wahrgenommen werden, steht zulassungskonform zur Verfügung.

Als Alternative zu diesem Konzept (z.B. bei Platin-Unverträglichkeit) steht der Patientin eine Kombination mit Doxorubicin mit Trabectedin zur Verfügung.

Die BRCA-1/2 positiven Patientinnen mit dem platin-sensiblen Rezidiv können nach dem Abschluss der Chemotherapie (Carboplatin/Gemcitabin) und bei nachgewiesenem Ansprechen darauf, auf eine neue Substanz aus der Klasse PARP-Inhibitoren – dem Olaparib zurückgreifen. Das Medikament wird als orale Dauertherapie verabreicht.

Bei Frührezidiven unter 6 Monaten (so genannten platin-resistenten Rezidiven) hat eine operative Therapie standardmäßig keinen Stellenwert und eine Kombinationschemotherapie bietet ebenfalls keinen Vorteil. In diesen Fällen wird daher eine Monotherapie mit pegyliertem liposomalen Doxorubicin, Topotecan, oder Paclitaxel empfohlen. Auch in dieser Situation steht der Antikörper Bevacizumab  für die Bevacizumab-naiven Patientinnen zur Verfügung.

Prognose

Da die Größe des nach der Operation verbliebenen Tumorrestes entscheidend für die Prognose der Patientin ist und dies mit der operativen Expertise des behandeln Arztes zusammenhängt, sollte die Therapie einer Ovarialkarzinompatientin in einem ausgewiesenen zertifizierten Zentrum für Gynäkologische Onkologie erfolgen.

 

Autor:
Priv.-Doz. Dr. med. Marc Thill, AGAPLESION MARKUS KRANKENHAUS

Literatur:

  • Krebs in Deutschland 2009/2010, 9. Ausgabe, Robert Koch-Institut 2013
  • S3-Leitlinie Diagnostik, Therapie und Nachsorge maligner Ovarialtumoren  1.1 – Juni 2013
  • AWMF-Registernummer: 032/035OL
  • Lynparza (Olaparib) EMA/662514/2014 EMEA/H/C/003726